Objektive Prüfung von Beschriftungsqualitäten

Übersicht und Motivation

Qualität und Wertigkeit einer Beschriftung sind durch eine Reihe subjektiver Eindrücke geprägt. Varianzen im Produktionsprozess beeinflussen nicht nur die Lesbarkeit, sondern auch den Gesamteindruck des Produktes oft erheblich. Eine Prüfung ist dann unerlässlich, wenn ein gleichbleibend hohes Maß an Qualität sichergestellt werden soll. Wichtige Bewertungskriterien der Qualität einer Beschriftung sind die Merkmale Vollständigkeit, Kontrast, Schärfe und Homogenität. Erfolgt eine Qualitätsbewertung durch einen Prüfer, ist das Ergebnis subjektiv geprägt.

Am Fraunhofer IFF in Magdeburg wurde ein neues bildbasiertes Verfahren entwickelt, welches es erstmals möglich macht, die wichtigen Merkmale der Beschriftungsqualität automatisch und objektiv zu prüfen. In einer Anwendung für kleine Bauteile wurde das Verfahren in eine mobile Prüfvorrichtung integriert und wird sowohl zur Stichprobenprüfung als auch zur Wareneingangskontrolle eingesetzt. Flexible Verstellmöglichkeiten der Prüfvorrichtung erlauben die Untersuchung eines großen Spektrums an Prüflingsformen.

 

Merkmale des Verfahrens

  • patentiertes Verfahren zur Objektivierung und Standardisierung der bislang subjektiven Qualitätsbewertung
  • Bewertung von Vollständigkeit, Kontrast, Schärfe und Homogenität
  • hohe Flexibilität durch Vorgabe der zu prüfenden Beschriftung als Vektorgrafik
  • kein »golden sample« und keine Einlernzeit notwendig
  • geprüfte Wiederhol- und Vergleichspräzision (Gage R&R Study)

 

Stand der Technik

Bereits existierende Systeme zur Schriftbildkontrolle vergleichen den Prüfling mit einer ausgewählten fehlerfreien Vorgabe. Diese ist für jeden Prüfling bzw. jedes Schriftbild erforderlich und muss in das System eingelernt werden. Durch Einbindung von OCR-Software kann eine Texterkennung erfolgen. Dies ist jedoch in modernen Anlagen und für den stetig steigenden Qualitätsanspruch der Kunden oft nicht mehr ausreichend.

Das hier vorgestellte patentierte Verfahren nutzt im Gegensatz zu den existierenden Verfahren einen komplexen mehrdimensionalen Merkmalsraum aus Kontrast, Homogenität, Vollständigkeit, Schrift-/Kantenbreite in jeweils unterschiedlicher Gewichtung, wodurch eine Abbildung der subjektiven Qualitätswahrnehmung erreicht wird.

 

Das Funktionsprinzip

Für die Bewertung der Qualität wird jedes Element der Beschriftung hinsichtlich Vollständigkeit, Kontrast, Kantenbreite bzw. Schärfe und Homogenität untersucht. Die Kriterien wurden von der menschlichen Wahrnehmungsphysiologie abgeleitet und ermöglichen eine objektive Wiedergabe des subjektiven Qualitätseindrucks. Die Vorgabe der zu prüfenden Beschriftung erfolgt über Vektorgrafiken und ermöglicht dadurch eine hohe Flexibilität bei der Prüfung kleiner Losgrößen mit hoher Variation.

Der Algorithmus zur Bewertung der Beschriftungsqualität arbeitet konturbasiert, das heißt er ist unabhängig davon ob es sich um Buchstaben, Zeichen oder andere Symbole handelt. Um die einzelnen Elemente zu erkennen und zu bewerten wird das Soll-Beschriftungsbild zunächst mit dem Ist-Bild des Prüflings in Übereinstimmung gebracht.

Hierzu werden die Bildelemente automatisch selektiert und Störeinflüsse wie beispielsweise die Verzeichnung des Kameraobjektivs korrigiert. Letztlich werden die aufbereiteten Bildelemente des Prüflings durch einen Best-Fit-Algorithmus über dem Soll-Bild positioniert. Dabei werden die Translation, Rotation und die Skalierung zwischen Soll- und Ist-Konturen ermittelt und angeglichen, sodass ein direkter Vergleich zwischen den gemessenen und den vorgegebenen Elementen möglich ist und Unterschiede auf einfache Weise erkannt werden. Mit der dazugehörigen Prüfsoftware werden die Ergebnisse schließlich visualisiert und dokumentiert.

Aufgrund der durch Gage R&R Tests nachgewiesenen Wiederhol- und Vergleichspräzision ist das Messsystem auch zur Überwachung und Optimierung verschiedener Produktionslinien sowie zur Kontrolle der Langzeitstabilität für verschiedene Materialien einsetzbar.

 

Das Prüfsystem

Die Hardwarekomponenten des Prüfsystems wurden so entworfen und konstruiert, dass sie eine ergonomische und einfache manuelle Bedienung ermöglichen. Das System beinhaltet eine leistungsfähige Kamera- und Lichtanordnung, wodurch es unabhängig von Umgebungseinflüssen arbeitet. Die Prüfvorrichtung ist kompakt und transportabel und kann mit einem herkömmlichen Laptop bedient werden, wodurch es am Arbeitsplatz an verschiedenen Standorten in der Fertigung einsetzbar ist. Durch eine Anpassung des Systems ist eine vollständige Automatisierung des Prüfprozesses möglich.