Flexible und dynamische Fertigungsumgebung zur Produktion individualisierter Massenprodukte

Im dynamischen und anspruchsvollen globalen Marktumfeld stehen produzierende Unternehmen vor der Herausforderung, maßgeschneiderte Produkte zu schaffen, die sowohl kostengünstig als auch nachhaltig sind. Angesichts der steigenden Marktvolatilität müssen diese Unternehmen nicht nur flexibel sein, sondern auch schnelle Lieferzeiten, termingerechte Lieferungen, hohe Produktqualität und lückenlose Nachverfolgbarkeit gewährleisten. Um diesen komplexen Anforderungen gerecht zu werden, bietet ein interdisziplinäres Fraunhofer-Konsortium innovative Soft- und Hardwarelösungen an, welche fortschrittliche Ansätze in der Produktionssteuerung und -organisation sowie in der Handhabung von Bauteilen, der Qualitätssicherung und der Nachverfolgbarkeit umfassen.

SWAP-IT Architektur
© Fraunhofer IWU
SWAP-IT Architektur

Im Rahmen des Fraunhofer-Leitprojekts »SWAP« wurde die »SWAP-IT«-Architektur entwickelt, ein neues technologisches Konzept zur Umsetzung der Produktion von Morgen. »SWAP-IT« ermöglicht eine Transformation von starren Prozessen mit einzelnen Bearbeitungsstationen in flexible und dynamische Fertigungsumgebungen. Kern dieser Innovation ist ein modular konzipiertes, cyber-physisches Produktionssystem, das sowohl zentralisierte als auch dezentrale Elemente effizient integriert. Die Module sind speziell darauf ausgerichtet, sich nahtlos an verschiedene Produktionsanforderungen anzupassen und lassen sich mit minimalem Aufwand weiterentwickeln.

Weiterhin wird die Production Flow Description Language (»PFDL«) vorgestellt. Diese eigens entwickelte Beschreibungssprache ermöglicht es Produktionsaufträgen, sich selbständig zu organisieren, was zu einer auftragszentrierten und hochgradig automatisierten Produktionsumgebung führt. Diese Basis-Software-Komponente gewährleistet eine präzise Definition und Ausführung von Produktionsaufträgen. Dank der »SWAP-IT«-Architektur und der »PFDL« können Produktionsressourcen dynamisch und effizient zugewiesen werden. Dies erlaubt eine unmittelbare Reaktion auf unvorhergesehene Ausfälle oder plötzliche Spitzen in der Auftragslage. Das Ergebnis ist ein flexibles, skalierbares und widerstandsfähiges cyber-physisches Produktionssystem, das die Fertigungstechnik von morgen prägt.

Digitale Holographie zur 100-Prozent-Inline-Prüfung
© Fraunhofer IPM
Digitale Holographie zur 100-Prozent-Inline-Prüfung.

Matrixproduktion

 

Zur Steigerung der technischen Flexibilität und damit zur Abbildung einer Variantenvielfalt im Produkt werden Produktionsressourcen zur „Automatisierung der Automatisierung“ befähigt. Das Bauteilhandling wird durch selbstkonfigurierende Algorithmen zur roboterbasierten Handhabung von Objekten flexibilisiert. Des Weiteren werden neuartige Sensoren für optische Qualitätssicherung mittels Holographie und Musterprojektion, sowie die markierungsfreie Bauteilverfolgung durch Track & Trace mittels Fingerabdrucks des Bauteils integriert. Dadurch wird eine flächenhafte Formmessung mit Mikrometergenauigkeit, eine lokale Messung von Defekten und Funktionsflächen (Digitale Holographie) und eine markierungsfreie Identifikation von Chargen bis 100.000 Bauteilen erreicht. Die Variantenvielfalt im Prozess dagegen wird durch die Einbindung der »SWAP-IT«-Architektur zur Steigerung der organisatorischen Flexibilität und Auslastungsoptimierung erreicht. Durch die flexible Verkettung der Arbeitsstationen mittels frei navigierenden fahrerlosen Transportfahrzeugen kann ein auftragsindividueller Materialfluss erreicht werden. Durch KI-gestützte Optimierungsalgorithmen lässt sich dabei die Auslastung optimal auf die Produktionsressourcen verteilen, um eine geringe Durchlaufzeit zu realisieren.

Track&Trace-Fingerprint-Sensor
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Track&Trace-Fingerprint-Sensor zur zuverlässigen Identifikation aus über 1.000.000 passenden Teilen.

Mit der von Industriepartnern validierten Lösung werden Wettbewerbsvorteile durch eine gesteigerte Flexibilisierung von Automatisierungskomponenten zur schnellen und aufwandsarmen Umstellung auf neue Produkte realisiert. Dadurch lassen sich hochflexible Produktionssysteme realisieren, die kosteneffizient und nachhaltig kundenindividuelle Produkte mit höchster Qualitätsgüte herstellen. Um die Einstiegshürde für interessierte Unternehmen möglichst gering zu gestalten, wurden sämtliche Schnittstellen zukunftsorientiert in OPC-UA umgesetzt. Softwaremodule, welche die Funktionalität der Schnittstelle als auch die Funktionalität der Mess- und Erkennungssysteme simulieren, werden als Open Source Software zur Verfügung gestellt. So können Unternehmen die Integration ohne externe Kosten simulieren.

Präzisionsbauteilfertigung

 

Traditionell werden Spiegeloptiken in einem zeitintensiven Prozess in manufakturähnlicher Weise seriell und mit aufwendiger individueller Messtechnik zur Charakterisierung von Formabweichung, Rauheit und Sauberkeit gefertigt. Um den wachsenden Bedarf an Präzisionsbauteilen zu decken und eine wirtschaftliche, qualitativ exzellente Herstellung bei steigenden Anforderungen und hohen Stückzahlen zu ermöglichen, sind neue Fertigungsansätze erforderlich. Die wachsende Nachfrage insb. bei Spiegeloptiken und die wechselnden Geometriemerkmale führen heute zu enormen Maschinenkosten, längeren Bearbeitungsdauern und Limitationen im Übergang zu Serienbauteilen mit hohen Oberflächenqualitäten.

Musterprojektionssensor
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Musterprojektionssensor für einen kontinuierlichen 20Hz 3D-Datenstrom.

Fraunhofer ist es gelungen, einen neuen effizienten und skalierbaren Weg unter Beibehaltung höchster Qualitätsmerkmale und niedriger Kosten zu entwickeln. Mittels auslastungsoptimierter Fertigung wird es erstmalig möglich, die Skalierung der Werkstückanzahl, Größe und Genauigkeit von der individuellen Leistungsfähigkeit der Bearbeitungsmaschinen zu entkoppeln. Dabei werden verschiedene Betriebsmittel als auch additive und subtraktive Bearbeitungsverfahren, Funktionalisierungs- und Charakterisierungs- sowie Mess- und Handhabungsprozesse kombiniert und über in-situ-Prozessanalysen multiple kooperierende Roboterstationen miteinander verknüpft. Der Arbeitsraum der neuartigen Maschinenumgebung wird hierbei in kleinere Teilsegmente untergliedert, was die Nutzung kompakter, präziser und ökonomischer Bearbeitungsstationen ermöglicht. Die Vernetzung und Kommunikation der Werkzeuge und Messmittel wird über die »SWAP-IT«-Architektur realisiert.

Die hochpräzise, parallelisierte Fertigungslösung erschließt individuelle Bauteilgrößen und Oberflächengenauigkeiten im Mikrometer- bis Nanometer-Bereich, unterstützt durch neueste KI-Methoden. Im Ergebnis werden individuell adaptierbare Bauteile parallel für mittlere und große Stückzahlen mit gleichbleibend hoher Qualität der optischen Fläche effizient und kostengünstig hergestellt. Diese Effizienz ermöglicht pro Spiegel eine Reduzierung der Fertigungszeit um 30 Prozent, kombiniert mit einer Verbesserung der Qualitätsmerkmale der Spiegeloberfläche bis zu einem Faktor Zwei bei gleichzeitiger Fertigung mehrerer Spiegel und einer damit erzielten Zeitersparnis um den Faktor »Spiegelanzahl«.

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Niels Schmidtke

IL-Strat. Forschungsmanagement

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