Aktive Online-Thermographie

Prinzip

darstellung des Prinzips der Online-Thermographie
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Prinzip der Online-Thermographie zur Erkennung von Materialfehlern.

Der Einsatz der aktiven Thermographie an großen ebenen Oberflächen erfordert eine Erwärmungstechnik, die diese Objekte schnell und gleichmäßig erwärmen kann. Am Fraunhofer WKI steht eine Pilotanlage zur Verfügung, mit der zur Zeit Untersuchungsmaterialen von bis zu 100 cm Breite mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 m/min untersucht werden können. Hierzu wird das Untersuchungsmaterial auf einer Förderanlage in geringem Abstand unter einem langgestreckten Wärmestrahler hindurch geführt und die Oberfläche um wenige Grad erwärmt. Danach wird die Wärmeverteilung der Oberfläche mit einer Thermographiekamera aufgezeichnet. Eventuelle Haftungsfehler werden, wie auch bei der Impuls-Thermographie, durch sog. »Hot oder Cold Spots« auf der Oberfläche sichtbar gemacht.

Haftungsfehler an furnierten Möbeloberflächen

Sichtbarmachen des Leimfaden mit Thermographie
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Nicht aufgeschmolzener Leimfaden mit Thermographie sichtbar gemacht.

Die einzelnen schmalen Furnierblätter, die später die Oberflächenbeschichtung von Möbeln bilden, werden in einem ersten Arbeitsgang mit Zick-Zack-Leimfäden zusammengefügt. Während des Verpressens mit einer Spanplatte sollen diese Fäden aufschmelzen und sich in der Klebefuge verteilen. Geschieht dies nicht, können diese visuell nur im Streiflicht sichtbaren Haftungsfehler mit Hilfe der Thermographie erkannt werden.

Diese Fehler heben sich im Bild deutlich durch die helleren, also wärmeren Bereiche, von ihrer Umgebung ab.

Anwendungsbeispiel: Haftungsfehler zwischen Aluminium und einem Kunststoffkern

Ablösung Aluminium von Kunststoff sichtbar durch Thermographie
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Ablösung des Aluminiums vom Kunststoff mit Thermographie sichtbar gemacht.

Moderne Büromöbel sind heute oft aus neuen Materialkombinationen aufgebaut. Im Bild links ist eine symmetrisch aufgebaute Schranktür zu sehen, die aus einem Kunststoffkern besteht, der mit Aluminium kaschiert ist und Furnier als Decklage hat. Haftungsfehler zwischen Furnier und Aluminium oder auch zwischen dem Aluminium und dem Kunststoff werden durch das Thermographiebild sichbar gemacht.

Anwendungsbeispiel: Haftungsfehler zwischen Aluminium und Faserplatte

Ablösung Dekorpapier von Aluminium (Thermographie)
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Die Ablösung des Dekorpapiers von dem Aluminium kann mit der Thermographie auch im Kantenbereich deutlich sichtbar gemacht werden.

Gute Haus-Außentüren besitzen nahe der Deckschicht eine Aluminiumeinlage, um die Kondensation der Feuchte in den Holzwerkstoffschichten zu verhindern. Doch sowohl die Verklebung von Dekorpapieren wie auch von Holzwerkstoffmaterialien auf Aluminium ist problematisch.

Anwendungsbeispiel: Nummern- und Schriftzeichenerkennung unter Lack

Schriftzeichen unter Lackschicht
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Untersuchungsmaterial Vorderseite: Nummern und Schriftzeichen unter Lackschicht.

Bei dieser Messung wurde das Material auf einem Förderband mit einer Geschwindigkeit von 40 m/min unter einer Wärmequelle hindurchgeführt, die Oberfläche dabei um wenige Grad erwärmt und anschließend online mit der Thermographiekamera beobachtet.

In einem weiteren Versuch untersucht eine Thermographiekamera das Material, ohne dass dieses vorher erwärmt wurde und ohne das Material zu bewegen.

Die folgenden Bilder zeigen die thermographische Aufnahme des sich schnell bewegenden Materials (links) und die des unbewegten Materials (rechts).

In beiden Fällen sind deutlich die Nummern und Schriftzeichen zu erkennen, so dass sie mit einer OCR-Software auszuwerten wären.

Thermographie an bewegtem Material
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Thermographische Untersuchung an bewegtem Material (Geschwindigkeit 40 m/min).
Thermographie an unbewegtem Material
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Thermographische Untersuchung an unbewegtem Material.

Anwendungsbeispiel: Zerstörungsfreie Erkennung von Haftungsfehlern am Beispiel Segelflugzeug

Thermographieaufbau Höhenruder Segelflugzeug
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Aufbau zur thermographischen Untersuchung der Haftfestigkeit am Höhenruder eines Segelflugzeugs.

Bei der thermographischen Haftungsfehlererkennung werden das Höhenruder und die beiden Flügel eines Segelflugzeugs mit Hilfe eines Förderbandes unter einer Wärmequelle hindurchgeführt und die Oberfläche um ca. 2 K erwärmt. Die dahinter angebrachte Thermographiekamera zeichnete danach die Thermographiebilder der jeweiligen Vorder- und Rückseite auf.

Merklich wärmer (rot und gelb in Falschfarbendarstellung) als ihre Umgebung heben sich die Bereiche heraus, unter denen sich die Papierwabenstruktur befindet, die im Wesentlichen aus Luft (schlechter Wärmeleiter) besteht. Die Verleimung der Sperrholzoberfläche mit den Waben ist klar zu erkennen. Darüber hinaus erscheinen die Waben unterschiedlich warm, weil die Menge des sich darunter befindlichen Klebers und damit auch dessen Wärmekapazität stark variiert (unten, links).

Deutlich kühler (grün und blau in Falschfarbendarstellung) als die Papierwabenoberflächen erscheinen die Bereiche, die sich direkt über den Rippen befinden, und bei denen diese gut mit der Rippe verklebt sind (gute Wärmeleitfähigkeit über den Kleber in die Rippe hinein). Auch hier ist der bei der Verklebung aus der Fuge herausgetretene Leim mit seiner erhöhten Wärmekapazität anhand der ausgefransten Kanten der Rippe zu erkennen.

Die Bereiche der Rippen, die nicht mehr ausreichend mit dem Untergrund verklebt sind, erscheinen im Thermographiebild wärmer und sind durch die roten Farben gekennzeichnet.

Thermographie macht Wabenstruktur Rippe sichtbar
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Thermographiebild mit deutlich sichtbarer Rippe und den Wabenstrukturen. Die Waben erscheinen unterschiedlich warm, weil die Menge des Klebers darunter, und damit auch dessen Wärmekapazität, stark variieren.
Wabenstruktur einer defekte Rippe (Thermographie)
© Fraunhofer WKI, Braunschweig
Typisches Thermographiebild mit sichtbarer defekter Rippe. Die Teile der Rippe erscheinen unterschiedlich warm, weil die Haftung zwischen Rippe und Oberfläche z. T. nicht mehr vorhanden ist.