Prüfung komplexer Verbundwerkstoffe mittels Multisensorsystemen

Prüfkörper
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Prüfkörper
Fusioniertes Ergebnisbild der Validierungsmessung
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Fusioniertes Ergebnisbild der Validierungsmessung. Beige: sicher mittels Thermografie nachweisbar, hellblau: sicher mittels Shearografie nachweisbar, grün: sicher mit beiden Verfahren nachweisbar

Durch den Einsatz eines aus aktiver Thermographie und digitaler Shearographie bestehenden Multisensorsystems lässt sich die Defekterkennungsrate bei komplexen Verbundwerkstoffen, wie sie beispielsweise im Flugzeugbau eingesetzt werden, nachhaltig verbessern. Da das System nur mit einer gemeinsamen Anregung arbeitet, wird auch die Prüfzeit reduziert. Das Prüfergebnis enthält sowohl thermische als auch mechanische Informationen bezüglich des Defektzustandes, woraus sich zusätzliche Informationen über die Defektart ableiten lassen. Aufgrund der Redundanz und der weitgehend komplementären Funktionsweise beider Prüfverfahren wird damit neben einer verbesserten Defekterkennungsrate auch die Nachweissicherheit von Defekten erhöht.

Die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Bauteilen hat seit jeher einen elementaren Stellenwert in der Luftfahrtindustrie. Dies gilt insbesondere auch für die Entwicklung von CFK-, GFK- und anderer Composit-Strukturen, die im modernen Luftfahrzeugbau bereits 30 Prozent der Teile eines Flugzeugs ausmachen und deren Anteil weiter steigt. Es besteht daher sowohl aus sicherheitstechnischen als auch wirtschaftlichen Aspekten großer Bedarf an zuverlässigen Verfahren zur zerstörungsfreien Prüfung dieser Bauteile.

Die zerstörungsfreie Prüfung ist hierbei das Mittel der Wahl, um Defekte wie beispielsweise Delaminationen oder Kissing Bonds bereits in einem frühen, noch nicht versagens-kritischen Stadium zu detektieren. Moderne Prüfverfahren wie die aktive Thermographie und die auf dem Prinzip der Laser-Interferometrie basierende Shearographie leisten hierbei bereits einen großen Beitrag, um die hohen Qualitätsanforderungen an die Bauteile zu gewährleisten. Die kontinuierliche Verbesserung dieser Verfahren und ihre Kombination zur Steigerung der Effizienz und Ausweitung der möglichen Bandbreite an detektierbaren Defekten ist einer der Forschungs-Schwerpunkte der Abteilung Prüfsysteme des Fraunhofer-Instituts für Produktion und Automatisierung IPA.

Im Rahmen eines mit Industriepartnern gemeinsam durchgeführten Forschungsprojekts konnte gezeigt werden, dass es mit einem aus aktiver Thermographie und digitaler Shearographie bestehenden Multisensorsystems möglich ist, den Defektnachweis erheblich zu verbessern. Die Ergebnisse der Untersuchungen an komplexen CFK-Strukturen zeigen die Möglichkeiten einer effizienten und ökonomischen Bauteilprüfung auf, da die verfahrensspezifischen Stärken der beiden Prüfverfahren innerhalb einer einzelnen Prüfung zur Defekterkennung herangezogen werden. Dadurch konnten Defekte nachgewiesen werden, die mit den Einzelverfahren nur in zwei aufeinanderfolgenden, voneinander unabhängigen Prüfungen schwer bzw. in manchen Fällen überhaupt nicht nachweisbar waren. Insgesamt konnte die Nachweissicherheit um bis zu 20% verbessert werden bei gleichzeitiger Reduktion der Prüfdauer. Das vorgestellte Multisensorsystem, bestehend aus einer thermographischen und shearographischen Einheit, stellt ein modernes, zuverlässiges und ökonomisches Prüfverfahren dar, welches einen sichereren und schnelleren Nachweis einer größeren Anzahl von Defektarten zulässt als die bisherigen Einzelverfahren.

Prinzipskizze der Prüfanordnung des Multisensorsystems
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Prinzipskizze der Prüfanordnung des Multisensorsystems