Ebene Oberflächen können durch eine Auswertung der Spiegelung einer Lichtquelle an der Oberfläche sehr gut automatisch geprüft werden. Auswertbare Spiegelungen treten allerdings nur auf, wenn die Ausrichtung sowohl der Beleuchtung als auch des Sensors relativ zur Oberfläche genau zueinander passen. Sind die betrachteten Flächen nicht eben, passt diese Ausrichtung nicht überall und eine Auswertung der Spiegelung erfordert erheblich höheren Aufwand.
Mit dem Verfahren der Retroreflexions-Reflektometrie (RRR-Prinzip) wird die Spiegelung einer Lichtquelle an der Oberfläche in Retroreflexion ausgewertet. Eine genaue Ausrichtung der Komponenten des Prüfsystems zur untersuchten Oberfläche ist dabei nicht nötig. Die echtzeitfähige Bildaufnahme und -auswertung eines RRR-Prüfsystems erlaubt die Prüfung ebener und gekrümmter Oberflächen im Durchlauf.
Im Unterschied zur Retroreflexions-Reflektometrie verzichtet die Deflektometrie auf die Retroreflexion der Beleuchtung und beobachtet über die spiegelnde Oberfläche direkt ein Beleuchtungsmuster. Durch eine Kodierung dieser Musterpunkte lässt sich algorithmisch die Oberflächenneigung bestimmen. Ein am Fraunhofer IOSB entwickeltes Verfahren liefert aus diesen Ausgangsdaten dann ein 3D-Gittermodell der Prüffläche. Damit sind alle Gestaltinformationen zu einer messtechnischen Bewertung von Oberflächen vorhanden.
Prinzipiell eignet sich die Retroreflexions-Reflektometrie für alle Arten von spiegelnd oder diffus reflektierenden Oberflächen, die Deflektometrie setzt eine zumindest teilspiegelnde Oberfläche voraus. Beide Verfahren sind für die Serienfertigung geeignet und liefern Ergebnisse in Echtzeit. Die Verfahren können je nach Anforderung einzeln oder gemeinsam gewinnbringend eingesetzt werden, z.B. bei Glasoberflächen oder bei metallischen oder lackierten Oberflächen.
Folgende Informationen über die Oberfläche können mit dem RRR-Prinzip automatisch ermittelt werden:
In Ergänzung dazu liefert die Deflektometrie Informationen über:
Die schematische Abbildung (Bild 5) zeigt den prinzipiellen Aufbau eines RRR-Prüfsystems. Die Oberfläche des Prüflings wird mit einem Laserstrahl abgescannt. Das an der Oberfläche des Prüflings reflektierte Laserlicht gelangt auf einen retroreflektierenden Schirm. Dieser reflektiert das Licht auf genau dem gleichen Weg zur Oberfläche zurück. Nach einer weiteren Reflexion an der Oberfläche gelangt das Licht wieder in die kombinierte Sende- und Empfangseinheit zurück und wird dort detektiert. Mit jedem Laserscan entsteht so eine Bildzeile, in der jedes Pixel die Reflexionseigenschaften des abgebildeten Oberflächenelements kennzeichnet. Wird der Prüfling durch den Prüfbereich bewegt, entsteht schritthaltend eine Abbildung der Oberfläche. Durch die zweifache Reflexion des Laserstrahls an der Oberfläche werden Störungen der Oberfläche kontrastreich abgebildet und sind in den Bildern gut erkennbar bzw. auswertbar.
Eine Prüfung mit dem RRR-Prinzip ist für alle Objekte bzw. Objektelemente möglich, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
Bild 6 zeigt das Schema der deflektometrischen Datenaufnahme. Eine Kamera beobachtet über eine spiegelnde Fläche bekannte Muster. Aus den Verformungen der Spiegelbilder können dann Rückschlüsse über die Gestalt der Oberfläche gezogen werden. Die Auswertung einer Sequenz von Streifenmustern liefert die Registrierung der (an der Oberfläche reflektierten) Sichtstrahlen der Kamera zu Punkten auf dem Schirm. Sind in einem weiteren Schritt eine Systemkalibrierung sowie mindestens ein Oberflächenpunkt bekannt, so gelingt eine vollständige Rekonstruktion der spiegelnden Oberfläche. Die einzige Voraussetzung für die Deflektometrie ist eine hinreichend spiegelnde Oberfläche des Prüfobjektes. Bild 7 zeigt das Höhenprofil der Abweichung einer Bauteiloberfläche von einem Referenzmodell. Die Bauteildimensionen liegen in diesem Beispiel im Bereich eines Meters und die detektierten Höhenabweichungen im Bereich von wenigen hundertstel Millimetern. Dies zeigt, dass mit dem deflektometrischen Ansatz eine aufwandsgünstige Prüfung selbst großer Flächen möglich ist.
Um auch Bauteile mit komplexer Oberflächengeometrie, z.B. Kraftfahrzeugkarosserien oder mit starken Oberflächenkrümmungen deflektometrisch prüfen zu können, wurden am Fraunhofer IOSB die Sensorkonzepte nach Bild 8 realisiert. Sowohl die Musterprojektion in einen kompletten Halbraum (Inspektionscave) als auch eine Inspektion mittels robotergeführtem Sensorkopf ermöglicht die 100-Prozent-Inspektion einer kompletten Prüfteiloberfläche.