Industrielle Röntgentechnik

Was ist industrielle Röntgentechnik?

Die industrielle Röntgentechnik ist eine zerstörungsfreie Prüfmethode, die es ermöglicht, im Materialinneren verborgene Strukturen beliebig komplexer Objekte aus zahlreichen Werkstoffen mit hoher qualitativer wie quantitativer Genauigkeit zu erfassen und zu charakterisieren. Mittlerweile ist die Röntgenprüfung inline-fähig, sodass Röntgeninspektionssysteme auch im Produktionstakt eingesetzt werden können.
 

Funktionsweise industrielle Röntgentechnik?

Die Röntgentechnik nutzt die Eigenschaft von elektromagnetischer Strahlung, im Energiebereich zwischen 5 keV und 10 MeV feste (oder flüssige) Materialien durchdringen zu können und dabei in bekannter Art und Weise abgeschwächt zu werden.
 

Die wichtigsten Verfahren der Röntgentechnik:  

Digitale Radioskopie

Bei der Radioskopie emittiert eine Röntgenquelle Röntgenstrahlung, die Objekte durchdringen kann. Die Strahlung wird dabei in Abhängigkeit vom Material des Prüfobjekts (Dichte, Absorption) und der im Prüfobjekt zurückgelegten Wegstrecke, z. B. dessen Wandstärke, abgeschwächt. Auf der gegenüberliegenden Seite der Quelle sammelt ein Detektor die einfallende Strahlung ein und erzeugt ein Schattenbild. Der Grauwert eines Bildpunkts im Schattenbild ist bei bekannten Materialeigenschaften somit ein Maß für die Wandstärke, die der Röntgenstrahl auf dem Weg von der Röntgenquelle zu diesem Pixel durchdrungen hat. Defekte zeichnen sich durch eine im Vergleich zur direkten Umgebung unterschiedliche Absorption ab.

 

3D-Computertomographie

Im Unterschied zur Radioskopie werden bei der 3D-Computertomographie mehrere Röntgenbilder desselben Objekts aus unterschiedlichen Richtungen, sogenannte Projektionen, erzeugt. Anders als bei CT-Geräten im medizinischen Bereich wird das Objekt bei industriellen CT-Systemen häufig auf einem Drehteller fixiert und zwischen Röntgenröhre und Detektor platziert. Während der Rotation des Objekts um die eigene Achse werden die Projektionen aufgenommen. Virtuell betrachtet, bewegen sich somit Röhre und Detektor auf einer Kreisbahn um das Objekt.

 

(Computer-)Laminographie

Sind die zu prüfenden Objekte sehr groß, fest in Apparaten verbaut und/oder nicht von allen Seiten zugänglich, können laminographische Verfahren eingesetzt werden. Das Grundprinzip der Laminographie besteht darin, dass das flächige oder fest eingebaute Prüfobjekt unter verschiedenen Winkeln, aber grundsätzlich nur von einer Seite aus, durchstrahlt wird. Dabei werden zwei der drei Komponenten der Anordnung Röntgenröhre, Objekt und Detektor koordiniert bewegt.

Zerstörungsfreie Prüfung mit industrieller Röntgentechnik

Die Röntgentechnik gewinnt zunhmend an Bedeutung in der Qualitätssicherung, die mittlerweile zu einem unverzichtbaren Bestandteil des industriellen Produktionsprozesses geworden ist. Im Rahmen von Null-Fehler-Konzepten wird eine 100-Prozent-Inspektion in der Produktion angestrebt. Oft lässt eine visuelle Oberflächenprüfung jedoch keine ausreichenden Rückschlüsse auf die Qualität eines Werkstücks zu. Verdeckte Fehlstellen wie Lunker, Poren oder mangelhafte Fügeverbindungen sind äußerlich kaum erkennbar, können sich jedoch erheblich qualitätsmindernd und sicherheitskritisch auswirken.

Mit Hilfe zerstörungsfreier Prüfverfahren wie röntgenbasierte Inspektionsverfahren, können daher im Materialinneren verborgene Strukturen beliebig komplexer Objekte aus fast allen Werkstoffen mit hoher Genauigkeit zerstörungsfrei erfasst und charakterisiert werden. Durch das bildgebende Funktionsprinzip können viele bewährte Verfahren der klassischen Bildverarbeitung für eine automatische Fehlererkennung adaptiert werden.

Breites Anwendungsspektrum der Röntgentechnik

System/Skala Größe Prüfobjekt Kleinste Strukturen Beispiele
Nano-CT 10 - 500 µm 50 - 500 nm
Integrierte Schaltungen, mikromechanische Bauteile, biologische Proben, Batterien (Elektroden)
Sub-µ CT 0,5 - 50 mm
0,5 - 3 µm
Faserverbundwerkstoffe, Metallgefüge
Mikro-CT ca. 3 - 50 cm 3 - 50 µm Elektronikkomponenten, geologische Proben, Batterien (Zellen)
Makro-CT 10 - 100 cm 50 - 500 µm Räder, Motorblöcke, Maschinenteile
Hochenergie-CT mehrere Meter Millimeterbereich Kleine Proben aus hochdichten Materialien, Nickel-Basis-Legierungen, Motorblöcke aus Eisenguss
XXL-CT mehrere Meter ab ca. 1 mm Großbauteile aus dem Flugzeug- oder Schiffbau, Frachtcontainer, Windkraftrotorblätter

Mögliche Materialien für den Einsatz von Röntgentechnik

  • Objekte aus (Leicht-) Metall, Keramik, Kunststoff oder Holz
  • Leichtbaukomponenten (Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbünde) aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Windkraft oder Automobilbau
  • elektronische Flachbaugruppen, Leiterplatten, Solarzellen
  • Metall- oder Keramikschäume, Sintermaterial, Beton
  • biologische, mineralogische, geologische Proben

Mögliche Einsatzgebiete der industriellen Röntgentechnik

Defekte im
Materialinneren

wie Lunker, Risse, Fehlstellen, Fremdkörper erkennen, lokalisieren und bewerten

Schichtweise
Untersuchung großer flächiger Bauteile

z.B. für Bauteile aus CFK oder GFK aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Windkraft oder Automobilbau oder aus dem Bereich Elektronik (elektronische Flachbaugruppen, Leiterplatten; Solarzellen)

3D-Volumenrekonstruktion

mit allen innenliegenden Strukturen, Visualisierung der Geometrie und Lagebestimmung von Defekten z.B. für Faserverbünde: Charakterisierung, Faserverteilung und Ausrichtung

Computertomographie als Messmittel

dimensionelles Messen als Alternative zur klassischen Koordinatenmesstechnik und für Rapid Prototyping und Reverse Engineering

Mikrostruktur-Analyse

zur Gewinnung von Informationen über die räumliche Mikrostruktur von Werkstoffen mit Röntgen-CT entstandenen Volumenbildern, z.B. bei Metall- oder Keramikschäumen, Sintermaterial, Beton usw.

 

Weitere Einsatzbereiche

  • Quantitative CT als Messinstrument für physikalische Materialeigenschaften
  • Ausschussfreie Produktion durch Produktionsmonitoring

Realisierte Projekte zur Röntgentechnik